Die Wimsener Höhle

 

 

 

Hinweis

Die Quellhöhle befindet sich im Privatbesitz. Das Tauchen in der Wimsener Höhle ist nicht gestattet. Tauchgänge werden nur zu besonderen Forschungszwecken genehmigt.


Dr. Salvatore Busche im 2.Siphon der Wimsener Höhle (Foto: K. Gessert)
 

 

Wimsen, ein kleiner Weiler auf der Schwäbischen Alb, bestehend aus der Mühle, einer Scheuer, einem Gasthof und natürlich der Wimsener Höhle, gehört zum Besitz des Schlosses Ehrenfels und zählt zur Stadt Hayingen.

 

Die Wimsener Höhle trägt auch den Beinamen „Friedrichshöhle“, da im Jahr 1803 Kurfürst Friedrich von Württemberg, der spätere König von Württemberg, zu Besuch war. Eine Steintafel über dem Höhleneingang wurde durch Graf Norman-Ehrenfels zum Dank an den Besuch des Kurfürsten angebracht. Sie trägt in Latein folgende Inschrift „Dankend begrüßt den hohen Besuch die hier waltende Nymphe. Fröhlicher fließt Dir nun, Friedrich, die rauschende Ach. 09. August 1803. F.F. Norman“. Graf Norman trug mit großem Verhandlungsgeschick dazu bei, dass Napoleon Bonaparte Württemberg nicht auflöste. Dafür wurde er von Kurfürst Friedrich im Jahr 1803 zum Minister ernannt und erhielt als Zeichen der Dankbarkeit Schloss Ehrenfels zum Geschenk. Dies befindet sich bis heute in Privatbesitz von Roland Freiherr von Saint-Andrè, dem direkten Nachfahren des Grafen Norman-Ehrenfels.

 

Die erste schriftliche Erwähnung der Wimsener Höhle findet sich im Jahr 1447. Es ist jedoch nachgewiesen, dass Wimsen und Ehrenfels von 1089 bis 1802 zum Besitz des Klosters Zwiefalten gehörte. Ehrenfels war der Sommersitz der Äbte und Wimsen war die zugehörige Bannmeile und Kornkammer. Vermutlich waren es Mönche und gläubige Gefolgsleute, die den schmalen Bach vom Höhleneingang bis zum Wehr künstlich aufgestaut haben, um ausreichend Wasser für die Mühle zu erhalten. Nach der Säkularisation (Verweltlichung von kirchlichem Besitz) im Jahr 1802 ging der Besitz auf Kurfürst Friedrich und später auf Graf Norman über.

 

Bei der Wimsener Höhle handelt es sich um die einzige mit dem Boot befahrbare Schauhöhle Deutschlands!

 

Aus dem Höhlenportal entspringt die Zwiefalter Ach, die sich nach nur kurzem Lauf mit dem aus dem Glastal kommenden Hasenbach verbindet und bei Zwiefaltendorf in die Donau mündet. Bislang konnte die Höhle bis auf eine Länge von etwa 750 m erforscht werden. Mit dem Boot können lediglich 70m befahren werden, bevor die Höhlendecke bis unter die Wasseroberfläche abtaucht. Die hinteren Höhlenteile sind nur erfahrenen Höhlentauchern zugänglich. Engstellen und die große Wassertiefe (- 60 Meter) erschweren die weiteren Forschungen.

 

Die Wasser- und Lufttemperatur in der Wimsener Höhle beträgt mit geringen Abweichungen während des ganzen Jahres 7 bis 8 °C. Diese Temperatur stellt die Jahresmitteltemperatur der Region dar. Die Höhlenluft hat positive Eigenschaften auf die Atemwege und wird daher als angenehm kühl und Reiz lindernd empfunden. Der umgebende Kalkstein und der Wasserlauf sorgen für ein konstantes Höhlenklima. In der Höhle, meist unter Wasser, leben nur sehr wenige speziell angepasste Tiere. Diese Tiere (so genannte Troglobionte) verbringen ihren gesamten Lebenszyklus innerhalb der dunklen Höhle. Ihre Farbe ist meist völlig weiß, da ihre Pigmente – ebenso wie die Augen - im lichtlosen Lebensraum zurückgebildet wurden. Zu den Grundwasserbewohnern der Wimsener Höhle gehören auch kleine Brunnenschnecken (Bythiospeum), Asseln (Proasellus) und Flohkrebse (Niphargus). Durch das im Jahr 1927 installierte künstliche Licht wachsen Moose und Farne um die Lampen im Schauhöhlenbereich(Lampenflora).

 

Die Wimsener Höhle befindet sich in den Kalkgesteinen des Weißjura Epsilon. Diese Gesteine wurden vor rund 150 Millionen Jahren im Jurameer abgelagert. Die Höhle verläuft als wenig verzweigter Gang in nördliche Richtung.

Die Quellschüttung der Wimsener Höhle beträgt im Mittel zirka 590 Liter pro Sekunde. Extremwerte reichen von 60-2.800 Liter pro Sekunde. Ihr Wasser fließt aus dem rund 100 km² großen Einzugsgebiet zu. Entstanden ist die Wimsener Höhle durch das Quellwasser der Ach, das als Regenwasser beim Sickern durch die Bodenschichten im Einzugsgebiet kalkaggressive Kohlensäure aufgenommen hat und so tief in den Weißjurakalk eingedrungen ist. Das Alter der Wimsener Höhle wird auf etwa eine Million Jahre geschätzt. Sie gilt als Musterbeispiel für den Übergang von einer vollständig mit Wasser erfüllten Höhle zur offenen, zu einem großen Teil mit Luft erfüllten Bachhöhle wie sie im Schauhöhlenbereich gut zu erkennen ist.

 

Höhlentauchen in der Wimsener Höhle


Wie in vielen anderen aktiven Quell- und Flusshöhlen stößt der Höhlenforscher auch in der Wimsener Höhle auf einen völlig mit Wasser gefüllten Gang, einen so genannten „Siphon“. Dabei senkt sich die Höhlendecke unter die Wasseroberfläche. Ein solcher Siphon markiert in der Wimsener Höhle das Ende des befahrbaren Schauhöhlenteils. Der Weiterweg in die hinteren Höhlenteile bleibt daher nur erfahrenen Höhlentauchern mit spezieller Tauchausrüstung vorbehalten.

 

Forschungsgeschichte  

 

 

1910

Topograph Haug vermisst und kartiert den vorderen Teil der Höhle und erstellt den ersten Höhlenplan.

 

 


 

1953

Höhlenforscher der Gruppe Eschenbach - Göppingen um Manfred Keller erkunden den 1. Siphon (Labyrinthsiphon).

 


 

1959

Die Eschenbacher Forscher erreichen eine Luftglocke im Labyrinthsiphon. Damit enden die Tauchvorstöße der Gruppe.


1961

Jochen Hasenmayer durchtaucht den 1. Siphon. In weiteren Vorstößen entdeckt er zusammen mit Gunter Liebold die „Schatzkammer“. Zusammen mit Hans Matz dringt er bis zum „Ehrenfelser See“ vor.


1964

Jochen Hasenmayer und Alexander Wunsch finden neue, trockene Gangteile und den 2. Siphon (Schluchtsiphon). In den Folgejahren bis 1975 kann Jochen Hasenmayer rund 400 Meter weit vordringen und erreicht eine Tauchtiefe von 40 Metern.


1995-2006

Dritte, nun wissenschaftlich geprägte Tauchperiode. Taucher der Höhlenforschungsgruppe Ostalb-Kirchheim e.V. beginnen mit der Neuvermessung und Dokumentation der gesamten Höhle. Dabei kartieren sie weitere 320 Meter Unterwassergänge und erreichen eine Tauchtiefe von 60 Metern. Die Wimsener Höhle wird damit zur tiefsten erforschten Unterwasserhöhle Deutschlands.


                                             (Foto H. Mezger)

Die Forscher entdecken während den vielen Tauchgängen spätbronzezeitliche Keramikreste und einige menschliche Knochenfragmente im Eingangssee. Eine erste 14C AMS atierung erfolgt. Die Datierung ergibt ein Alter von rund 3.200 Jahren

 

 

 Aug.2006

Dr. Salvatore Busche (HFGOK) erreicht nach 500 m Tauchstrecke

im 2. Siphon eine lufterfüllte Spalte. Der tiefste Siphon Deutschlands

ist überwunden! Busche taucht mehrfach zum Ende und versucht einen

Weiterweg zu finden. Alle möglichen Fortsetzungen sind jedoch engräumig

und sehr lehmig. Der Weiterweg konnte bislang (Stand 09/2009) nicht

gefunden werden.

 

 

 
 Feb.2007

 

Jörg Haußmann (HFGOK) entdeckt während einer Tour mit Rainer Straub menschliche

Skelettreste in der (trocknenen)  Schatzkammer, hinter dem ersten Siphon. Durch die erneute 

 finanzielle Unterstützung des Eigentümers Baron St. André konnte eine weitere 14C AMS Datierung

eines Schienbeins erfolgen. Damit konnte auch dieser spektakuläre Höhlenfund der späten Bronzezeit zugeordnet werden.


(siehe UW-Archäologie)

 

 2008-

 2009

Mit Unterstützung der Pächterfamilie Daniel Tress finden jährliche Forschungswochenenden der HFGOK statt. Diese intensiven Forschungstouren in der Winterperiode führen zu immer neuen Erkenntnissen über die Höhle. Kleine Seitenteile werden vermessen und weitere archäologische Funde ausgewertet. Mehrstündige Tauchgänge mit Kreislaufgeräten durchgeführt um die tiefen Unterwasserteile besser absuchen zu können.

 

 

 

 

 

Eine neue DVD über die Erforschung der Wimsener Höhle ist verfügbar

 

 

 

 

  2010

Am diesjährigen Forschungslager findet ein umfangreiches Program zur Erforschung der Höhlenbiologe durch Mag. A. Oertel und R. Straub statt. Ziel ist eine Bestandsaufnahme echter Höhlentiere (Troglobionten) in der Höhle

 

 2011-

 2012

Im Februar traditionelles Forschungslager der Höhlenforschungsgruppe Ostalb-Kirchheim. Dabei Neuvermessung des Schauhöhlenbereiches.

 

 

 

Mehrere Biologische Forschungstouren in der Höhle im Rahmen der Erfassung der Tierwelt der Wimsener Höhle

 

 

 

02/2013

Neuerscheinung des Buches

 

Die Wimsener Höhle - Expedition in die tiefste Unterwasserhöhle Deutschlands

 

 

 

 

 

 

 02/2014

 Vom 8.-10.02.2014 fand traditionell das jährlich Forschungswochenden der HFGOK an der Wimsener statt. Neben Tauchgängen im Schluchtsiphon, stand die Erkundung von Luftglocken sowie die Biospeleologische Untersuchung im Vordergrund.

 

 

Zwergfüßer Scutigerella - Das pigment- und augenlose Tier (L= 3-4mm) gehört zu den "echten Höhlentieren". Es orientiert sich mittel seiner langen Fühler 

02/2015

 

Beim diesjährigen HFGOK- Forschungswochendende lag der Schwerpunkt auf der Vermessung der in der "Hamburger Freiheit" entdeckten Fortsetzung. Sie wurde durch Hannes Köble und Dr. Salvatore Busche vermessen. Leider endet die "Tress-Treppe" und weitere Hohlräume wurden nicht entdeckt.

 

 

 

 

 

 

 

 

Wissenschaftlich orientierte Höhlenforschung

 

Mitglieder der Höhlenforschungsgruppe Ostalb-Kirchheim e.V. (HFGOK) widmen sich speziell der Höhlentauchforschung. Ziel ist es, wassererfüllte Hohlräume zu erforschen. Neben der Aufnahme eines genauen Höhlenplanes, Fotografie und Filmaufnahmen, werden in der Wimsener Höhle besonders die  Aspekte der Biologie und Archäologie untersucht.

 

 

 

Archäologische Funde aus der Wimsener Höhle

 

 

Seit 1995 wurden bei Tauchgängen vereinzelt immer wieder archäologische Funde entdeckt. Neben Tonscherben fanden sich auch einige menschliche Knochen. Ein Oberarmknochen und ein Schienbein konnte mittels 14C AMS Datierungen der späten Bronzezeit (ca. 1.350 v. Chr) zugewiesen werden. Die meisten Tonscherben wurden in die Urnenfelderzeit (ca. 1.200-800 v. Chr.) datiert. Aus diesen Funden darf man schließen, dass Menschen die Höhlen der Schwäbischen Alb besonders häufig in der Urnenfelderzeit aufgesucht und darin auch Kulthandlungen vollzogen haben. In welchem Zusammenhang Scherben und Knochen in die Wimsener Quellhöhle gelangten, ist noch nicht völling geklärt. Weitere Fundobjekte stammen aus den letzten 200 Jahren. Die frühen Funde belegen aber, dass der Eingangsbereich und der hintere Bereich in ehemals, zumindest teilweise, trocken zu begehen war. Der Wasserstand lag damals etwa 1,80 bis 2,30 m tiefer als heute. Tropfsteine und Sinterformen, die heute bis zu 2,30 Meter tief unter Wasser liegen, belegen dies eindrucksvoll. Weitere Informationen siehe UW-Archäologie.

 

Bei weiterem Interesse an der Geschichte von Wimsen und der Erforschung der Höhle ist der Besuch der Dauerausstellung in den oberen Räumen der renovierten Mühle neben dem Gasthaus zu empfehlen.

 

 

 

Hier wird neben Höhlenentstehung, Höhlentauchtechnik auch die Archäologie anschaulich erläutert und einige Funde präsentiert. Einen Schlüssel erhalten Sie im Gasthof Friedrichshöhle



 

                                                                                            

Die Fotogalerie gibt einen Überblick über die Gangformern und unsere Arbeit in der Wimsener Höhle.


Einige Veröffentlichungen zur Wimsener Höhle finden sich unter Publikationen zum Download.

 

 

 

 

 

 

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